Elina Meßfeldt zum „Atelier Jacobi“

INNENRAUMAUFNAHMEN MIT HUMOR

Lotte Jacobi (1896-1990) ist eine der bekanntesten deutschen Porträtfotograf*innen des 20. Jahrhunderts. In Berlin aufgewachsen, stammte sie aus einer regelrechten Fotografendynastie und übernahm 1928 das Atelier der Eltern in Berlin-Charlottenburg. Aufgrund ihrer jüdischen Abstammung wurde ihr die Arbeit während des nationalsozialistischen Regimes nahezu unmöglich gemacht, sie emigrierte 1935 nach New York, wo sie weiterhin europäische Intellektuelle und Kulturschaffende porträtierte. In den 1940er und 50er Jahren schuf sie in New Hampshire experimentelle Foto-Grafiken, die sogenannten „photogenics“, für die sie ebenfalls viel Aufmerksamkeit erlangte.

Weniger bekannt ist Lotte Jacobi bisher für ihre Innenaufnahmen – die Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte hat davon über 50 Abzüge aus dem Atelier Jacobi von 1930 im Bestand. Ein regelrechter Schatz, der die Fotografin von einer neuen Seite zeigt. Denn wie ihre Porträtfotografien, zeugen auch diese Wohnungsaufnahmen von viel Humor, Charakter und Verständnis für das Gegenüber.

Die hier ausgewählten Beispiele (Abb. 1-3) zeigen das Innere der Wohnung der Schauspielerin Lee Parry im Jahr 1930. Geboren als Mathilde Charlotte Benz, begann Lee Parry ihre Theater- und Filmkarriere in Berlin bereits in den 1920er Jahren und war zum Zeitpunkt dieser Aufnahmen längst eine Berühmtheit. Weitere Fotografien aus dem Atelier Jacobi in der Photothek präsentieren Wohnräume bekannter Schauspieler und Sänger aus dem Berlin der 1930er Jahre. Unter anderem zu sehen ist das Arbeitszimmer des Schauspielers Harry Liedtke, das Schlafzimmer der Sängerin Lotte Schöne oder das Musikzimmer des Opernstars Richard Tauber. Jacobis Innenraumaufnahmen können als Ausgangslage für Untersuchungen zum kulturellen Leben in der Hauptstadt während der 1930er Jahre dienen, indem sie das Leben und Wesen seiner Protagonisten illustrieren.

ELINA MESSFELDT, BA ist studentische Hilfskraft in der Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte.