Franz Hefele übers Fotografieren mit Max und Moritz

Max und Moritz, das sind bekanntlich Störenfriede und maliziöse Lausbuben. Als solche hatte Wilhelm Busch sie sich ausgedacht und gezeichnet. Im Jahr 1959 aber begegneten den Wirtschaftswunderdeutschen vorübergehend geläuterte Gestalten: Agfa brachte damals die Optima auf den Markt, die sogenannte „Vollautomatische“, mit der nicht weniger als eine neue Ära der Fotografie beginnen sollte (Abb. 1).

Das – buchstäblich wunderbare – Versprechen: Fotografieren nicht nur ohne Schwierigkeiten, sondern wie von Zauberhand, der „magischen Taste“ sei Dank. Auch technisch, vor allem jedoch marketingtechnisch war Agfa der Konkurrenz im Rennen um die beste Belichtungsautomatik, das seinerzeit in die heiße Phase ging, eine Nasenlänge voraus. Das PR-Geschick des Unternehmens manifestierte sich ebenfalls, und darauf kommt es hier an, in der vereinfachten Entfernungseinstellung: Es gab lediglich noch drei Optionen – nah, mittelweit und fern bzw. unendlich –, die sich über einen Ring am Objektiv ansteuern ließen und durch Bildsymbole vermeintlich selbsterklärend angezeigt wurden (Abb. 2).

Das allein war nicht ungewöhnlich, Zeiss Ikon etwa machte es nicht anders, was im Übrigen auf ein schlecht erforschtes Kapitel in der Geschichte ikonischer Zeichen verweist, die Zeit nach dem Krieg, aber vor den Olympischen Spielen 1972. Außer Agfa hatte allerdings keine Firma den gewitzten Einfall, statt eines Ikons eine Ikone zu verwenden: Wer mit der Optima eine Nahaufnahme machte, stellte auf Max und Moritz. Unversehens half das doch eigentlich berüchtigte Duo den Leuten friedfertig beim Fotografieren. Der Gesinnungswandel hielt freilich nicht lange: Schon auf dem nächsten Modell der über die Maßen erfolgreichen Optima waren Wilhelm Buschs Figuren durch formalisierte Silhouetten zweier Köpfe ersetzt. Es blieb bei einem einmaligen Gag.

FRANZ HEFELE, M.A. ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Kunstgeschichte und promoviert über „Das Buch zur Kamera. Fotografieren lernen mit Heering, 1932 – 1982“ (AT).