Krista Profanter über das „Château Tyrolien“ auf der Pariser Weltausstellung 1900

Tirol war auf der Weltausstellung in Paris 1900 mit einem eigenen Pavillon vertreten (Abb. 1). Das sogenannte „Château Tyrolien“ hatte seinen Standort am Champ de Mars, am rechten, der Seine zugewandten Fuße des Eiffelturms. Die beiden „Specialcomités“ für Nord- und Südtirol hatten beschlossen, unabhängig von der offiziellen österreichischen Beteiligung ein eigenes „Tiroler Haus“ zu errichten. Damit sollte einerseits Werbung für Tirol als Fremdenverkehrsdestination gemacht und andererseits sollten die Leistungen der Kunstgewerbeschule und der gewerblichen Fachschulen der Österreichisch-Ungarischen Monarchie präsentiert werden.

Das „Château Tyrolien“ wurde nach Plänen des Architekten und Direktors der Innsbrucker Staatsgewerbeschule Johann Wunibald Deininger (1849–1931) gebaut und ist eine Nachbildung des um 1550 errichteten Ansitzes Thalegg in Eppan (Südtirol), einem Beispiel des sogenannten Überetscher Stils. Der viereckige Bau mit seinen über Eck gestellten Turmerkern, der Freitreppe und der doppelgeschossigen Loggia erhielt auf der Weltausstellung eine Medaille als „ideale Renaissancevilla“. Mit der künstlerischen Leitung der Ausstattung des „Château Tyrolien“ war der Maler und Illustrator Tony Grubhofer (1854–1930) betraut worden. Ausführende waren Lehrer und Schüler der k. k. Staatsgewerbeschule Innsbruck und der k. k. Fachschule für Holzbearbeitung Bozen in Zusammenarbeit mit den k. k. Fachschulen für Kunstschlosserei in Königgrätz, Tonindustrie in Bechin und Steinbearbeitung in Trient sowie der k. k. Staatsgewerbeschule Salzburg.

Auf drei Etagen waren verschiedene Interieurs und unterschiedlichste kunstgewerbliche Erzeugnisse aus Tirol sowie „hübsche Reclamebilder“ der schönsten Tiroler Gegenden zu sehen. Die Exponate reichten von „Industrie-Heiligenbildhauer-Artikel“ in recht minderer Qualität bis hin zu „Arbeiten von vorzüglichstem Geschmacke und vollendetster Durchführung“ (Erwin Pendl, Österreich auf der Weltausstellung Paris 1900, Wien 1900, S. 118).

Vor dem „Château Tyrolien“ spielten junge Musikanten in Tracht „que l’opérette a rendu familier au public parisien“ (L’exposition de Paris (1900), Paris 1900, Bd. 3, S. 185) und lenkten damit die Aufmerksamkeit der Besucher auf den Pavillon. Ein schmiedeeisernes Wirtshausschild mit einer Traube lud die Besucher zur Verkostung Südtiroler Weine und anderer landestypischer Spezialitäten in die „Tiroler Weinstube“ im Erdgeschoss (Abb. 2).

Glanzstücke des „Tiroler Edelsitzes am Champ de Mars“ waren die im ersten Stock, gleichsam als „Rétrospective“ auf vergangene Kunstepochen, in teils verkleinerter Ausführung präsentierten Nachbildungen dreier historischer Interieurs: das Portal der um 1500 eingerichteten Goldenen Stube der Festung Hohensalzburg, das Kapitelzimmer der Burg Reifenstein bei Sterzing aus dem Jahr 1490 sowie das um 1580 entstandene Fürstenzimmer von Schloss Velthurns in Feldthurns (Abb. 3).

KRISTA PROFANTER, M.A. ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Kunstgeschichte