Das Bücherbeet. Künstlerisch-kuratorische Essays zu Kunst und Ökologie

Seit April wird eine Vitrine im ZI als eine Art Hochbeet von Nanne Buurman (Forschungsgruppe Kunst, Umwelt, Ökologie) kuratorisch-forschend „begärtnert“. Fortlaufend neu arrangiert und ergänzt, entstehen in dieser experimentellen Versuchsanordnung im Laufe des Jahres immer wieder neue Konstellationen zwischen den ausgestellten Materialien, die saisonal jeweils andere inhaltliche und ästhetische Querverbindungen in Erscheinung treten lassen. Der prozessual und assoziativ angelegte visuelle Essay zu Ambivalenzen von Naturkonzeptionen und ökologischem Denken in Moderne und Gegenwart lädt zur Reflexion über romantisierende, biopolitische, völkische und ökonomische Dimensionen des Ökologischen in Kunst und Kultur ein.

Set II: Hasendämmerung

April-Juni (Ostern)

Feldgraue Feldhasen

Collage aus liegenden Büchern, Heftchen sowie eines Backförmchens (Hase).
Übereinanderliegend: Heftchen und ausgedruckte Blätter. Das oberste trägt den Titel "Sprechen über Deutschland". Oben drauf eine Bachform (Hase) und zwei kleine Hasenfiguren.
Collage aus liegenden Büchern. Unterschiedliche Größe und Dicke. Links Backform (Hase).
Collage aus liegenden Büchern. Unterschiedlich dick und groß, in der Mitte liegt eine Hasenpfote aus Fell.
Collage liegender Bücher, eines aufgeschlagen. Eines geshclossen mit dem Titel "Gärten und Strassen". Unten mittig eine Hasenpfote aus Fell.

props

grauer Herrenhut (Erbe des Großvaters OB)

rosa Plüschkaninchen (Staßenfund)

Hasenfuß (Leihgabe Freundeskreis)

Zinnsoldaten (Kleinanzeigen)

Plätzchenform Hase (Straßenfund)

Zinnhasenfigur (Geschenk von Freund)

braunes Klebeband (Bürobedarf)

Moos (Gartenabfälle)

Kleine Kunststoffhasen (Deko)

repros

Poster der Partei Die Grünen für die Europawahl 1979, gestaltet von Johannes Stüttgen auf Basis von Jospeh Beuys: “Der Unbesiegbare” (original Farbserigraphie, 84x59cm).

Dokumentationsfoto der Aktion Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt von Joseph Beuys in der Galerie Alfred Schmela, Düsseldorf, 26. November, 1965 (original Foto von Walter Vogel).

Postkarte Albrecht Dürer: Feldhase (1502) aus dem Museumsshop (original Aquarell, 25,1×22,6cm).

Das Lied von den zwei Hasen, Volkslied, 19. Jahrhundert (Internet)

Feldgrau, Farbtabelle, Wikipedia.

books

Hermann Löns: Wehrwolf (1910), Wilhelm Heine Verlag, München 1976. (Heyne Nostalgie Bibliothek)

Joseph Beuys: Sprechen über Deutschland, FIU Verlag, 1985. (Rede vom 20. November 1985 an den Münchener Kammerspielen)

Michel Foucault: Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006. (Vorlesungen am Collège de France 1978–1979)

Nanne Buurman: „D’inquiétantes familiarités. L‘inconscient völkisch dans les pratiques artistiques, curatoriales et historiographiques après 1945 en Allemagne“, in: Histoire de l’Art, Sonderband „Art et autoritarismes“, No. 94, Dezember 2024. (Erweiterte Übersetzung für die Rubrik „Accent Allemand“ aus kritische berichte 51 (2023), Nr. 3, Themenheft „Kunst und (Neue) Rechte“, hg. von Kathrin Rottmann und Friederike Sigler, S. 48–55)

Hermann Löns: Mümmelmann. Ein Tierbuch, Adolf Sponholz Verlag, Hannover 1911.

Judith Kerr: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl (1971), Roman, Otto Maier Verlag, Ravensburg 1974. (Aus dem Englischen von Annemarie Böll)

Klaus Theweleit: Männerphantasien II: Männerkörper. Zur Psychoanalyse des weißen Terrors, Verlag Roter Stern, Frankfurt am Main 1978.

Ernst Jünger: Gärten und Straßen. Aus den Tagebüchern von 1939 und 1940, Mittler & Sohn, Berlin 1942.

Ernst Jünger: In Stahlgewittern, Roman, Klett Cotta, Stuttgart 2014.

Martin Warnke: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur, Carl Hanser Verlag, München 1992.

Hans Singer: Albrecht Dürer, Hugo Schmidt Verlag, München 1918.

M. Zucker: Albrecht Dürer, Max Niemeyer, Halle/Saale 1900. (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte)

Heinrich Hoffmann: Der Struwwelpeter (1844), Verlag J.F. Schreiber, Eßlingen am Neckar, Fassung von 1861.

Lewis Carroll: Alice in Wonderland and Through the Looking Glass (1865), Wordsworth Classics, Hertfordshire 1993.

NANNE BUURMAN ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe „Kunst, Umwelt, Ökologie“ am ZI.

Georg Schelbert über die Dias der Münchner Kunstgeschichte

Trennung und Wiedersehen

Jahrzehntelang waren großformatige Glasdias das visuelle Medium in den Vorlesungen der Kunstgeschichte. Viele Universitätsinstitute wie in Bonn, Berlin, Frankfurt, Halle oder Hamburg besitzen solche Bestände, die bald analog zur Bibliothek Diathek genannt wurden, bis heute. In München hingegen galten sie lange Zeit als verschollen, ja gerieten völlig in Vergessenheit. Jetzt sind sie in der Photothek des ZI.

Glasdia: Carlskirche, Wien. Ehemaliger Bestand des kunsthistorischen Instituts der Universität München (ca. 1915)
Abb. 1: Glasdia: Ehemaliger Bestand des kunsthistorischen Instituts der Universität München (ca. 1915)

Während am aktuellen Standort des Kunsthistorischen Instituts der LMU in München (Zentnerstraße 31) nur noch die späteren, farbigen Kleinbilddias existieren (vgl. zuletzt – ohne Bezugnahme auf die Glasdiasammlung – die div. Beiträge in: Helene Roth, Niklas Wolf (Hrsg.): Colophon – Magazin für Kunst und Wissenschaft, Nr. 05: Kanon, München 2023), konnte u.a. durch Hinweise von Maria Männig (RPTU, Landau) ermittelt werden, dass sich Münchner Glasdias über Jahrzehnte hinweg an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung (HfG) Karlsruhe befanden. Vermutlich gelangten sie über den ehemaligen Münchner Ordinarius Hans Belting (1935–2023) dorthin, der 1992 als erster Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie nach Karlsruhe wechselte (zur Geschichte des Instituts s. Christian Drude, Hubertus Kohle (Hrsg.): 200 Jahre Kunstgeschichte in München: Positionen, Perspektiven, Polemik. 17801980, München 2003 | Daniela Stöppel, Gabriele Wimböck (Hrsg.): Das Institut für Kunstgeschichte in München 1909-2009, München 2010). Da die Container, in denen die Dias vorgefunden wurden, mit dem Namen Heinrich Klotz (1935–1999), dem Gründungsrektor der HfG, gekennzeichnet waren, ist anzunehmen, dass sein besonderes medien- oder architekturgeschichtliches Interesse der eigentliche Grund für die Übernahme war. Jedoch führte sein Rückzug aus der Hochschulleitung 1997 und sein vorzeitiger Tod offenbar dazu, dass die Dias nicht mehr verwendet wurden. Sie wurden seitdem mehrfach umgelagert, wobei sie einige Feuchtigkeits- und Glasbruchschäden erlitten.

Im Frühjahr konnte die Sammlung dank der Unterstützung und Bereitschaft von Matthias Bruhn (HfG Karlsruhe) und der HfG vom ZI übernommen werden. Motive hierfür waren nicht nur, dass die Dias wieder nahezu an ihren ehemaligen Nutzungsort zurückkehrten, sondern dass von der Photothek des ZI bereits 1989 die Fotoabzüge des Kunsthistorischen Instituts der LMU übernommen worden waren. Beide Sammlungen bilden gemeinsam mit weiteren vorhandenen Beständen – etwa aus dem Bayerischen Nationalmuseum in München – eine relevante Grundlage für Forschungen zu kunsthistorischen Lehrbildern.

Spurensammlung und Erschließungsschritte

Erste Voraussetzungen für die weitere Bearbeitung werden in der Photothek in diesem Jahr geschaffen: Umlagerung in Archivboxen nach der – soweit nachvollziehbar – ursprünglichen Anordnung sowie die digitale Dokumentation dieser Ordnung. Da die Neuaufstellung im Archiv räumlich sehr kompakt ausfallen muss – sicher viel gedrängter als die für den täglichen Gebrauch ausgerichtete Aufstellung an den vormaligen Standorten im Universitätsinstitut –, ist eine baldige Digitalisierung angestrebt, die dann auch Querverbindungen zu anderen Sammlungsbeständen der Photothek des ZI ermöglichen soll.

Regelmäßiger kunsthistorischer Unterricht an der Münchner Universität fand bereits seit den 1850er Jahren statt, damals wurden wohl Kupferstiche und Fotoabzüge im Lehrbetrieb eingesetzt. Der Gebrauch von Diapositiven in kunsthistorischen Vorlesungen setzte sich seit den mittleren 1890er Jahren – ausgehend vom Einsatz durch Herman Grimm (1828–1901) in Berlin – schnell in ganz Deutschland durch. Soweit es scheint, ist in den Münchner Vorlesungsverzeichnissen die Verwendung von „Lichtbildern“ erstmals für das Jahr der Gründung des Kunsthistorischen Seminars im Jahr 1909 ausdrücklich angegeben. Es handelte sich dabei um die Vorlesung des Ordinarius Berthold Riehl (1858–1911) zum Thema „Geschichte der deutschen und niederländischen Malerei von Dürer bis Rembrandt“.

Aufgerissener Karton mit Glasdias
Abb. 2: Während der Einlagerung aufgerissen: Karton der Münchner Glasdiasammlung

Erste Recherchen haben ergeben, dass die Aufarbeitung der Geschichte der Lehrmedien auch durch Unterlagen im Universitätsarchiv unterstützt werden kann. Diese sind noch genauer zu prüfen. Daher ist alles Weitere, was bislang über die Sammlung gesagt werden kann, an den Objekten selbst abzulesen. Elementares über Struktur und Umfang verraten bereits die Transportkartons, mit denen die Dias wohl schon bei ihrem Abtransport aus München vor drei Jahrzehnten verpackt wurden und in welchen sie nun wieder zurückkehrten. Die darauf befindlichen Beschriftungen sowie die Beschädigungen verraten einen teils eiligen Umzug, spätere, nicht immer sorgfältige Lagerung, Umschichtungen und wohl auch mehr oder weniger sachverständige Neugier Dritter (Abb. 2).

Ob und wie viele Diapositive aus der Zeit um 1900 erhalten sind, kann nach erster Sichtung des Bestands noch nicht festgestellt werden. Es scheint, dass viele Dias kaum vor den 1930er Jahren, wahrscheinlich sogar erst in den 1950er Jahren angefertigt wurden und eher wenige Gebrauchsspuren zeigen. Ein gewisser Prozentsatz jedoch stammt offensichtlich aus der Vorkriegszeit, so dass auszuschließen ist, dass die gesamte Diasammlung etwa im 2. Weltkrieg zerstört und erst danach wiederaufgebaut worden wäre. Auch wenn die – wie bereits erwähnt, schon länger im ZI befindliche – Sammlung von Abzügen offenbar bis weit ins 19. Jh. zurückreicht und praktisch kein Nachkriegsmaterial aufweist, könnte gleichwohl ein Teil der Glasdiasammlung kriegsbedingt verloren gegangen und anschließend wiederhergestellt worden sein.

Zwei Dias sowie zwei rosafarbene, beschriebene Karteikarten.
Abb. 3: Karteikarte und Dias aus der Sektion „Deutschland, Architektur, Neuzeit“: „184, Prag, Kirchen A-M“

Bereits durch die Beschriftungen der Transportkartons zeigte sich, dass es am letzten Standort in München, dem damaligen Sitz des kunsthistorischen Instituts in der Villa Thieme in der Georgenstr. 7, eine Aufstellung als Diathek in Schränken gab, die nach Kunstlandschaften, -gattungen und -epochen gegliedert war. Diese Ordnung entsprach vermutlich derjenigen von älteren Standorten im Hauptgebäude der Universität, denn sie folgt einer Logik, die man wohlwollend als pragmatisch deuten kann, kritisch jedoch als Ausdruck eines nationalistisch-kulturimperialistischen Weltbildes lesen muss, in dem es nur Italien, Frankreich, Deutschland, England, Spanien und die Niederlande als „Kunstnationen“ gibt, unter denen alle kleineren Länder und Regionen subsumiert werden. Das zeigte sich konkret in demjenigen Teil der Sammlung, der in den letzten Wochen aus den Transportkartons in neue Archivbehältnisse umgelagert wurde: Im Alphabet der Orte der Abteilung „Deutschland, Architektur“ finden sich ebenso Salzburg und Wien wie Prag (s. Abb. 1 u. 3).


Wo ist die Kathedrale? … und wer weiß mehr?

Soweit sich bislang ablesen lässt, ist mehr als die Hälfte der geschätzt 35.000 Dias dem weit gefassten deutschen Kulturraum gewidmet. Hierbei spielt wiederum die Kunstgeschichte Bayerns eine besondere Rolle, der ein separater Bestand zugeordnet wurde, gekennzeichnet durch einen Stempel „KGB“ (sicherlich zu lesen als „Kunstgeschichte Bayerns“). Ob es sich hier um ein größeres, vielleicht eigens gefördertes Projekt einer Fotokampagne handelt, wird sich mit Archivstudien hoffentlich aufklären lassen. Ein anderer Teil jenseits der eigentlichen Lehrsammlung besteht aus Nachlässen mit eigenen inhaltlichen Schwerpunkten und Ordnungsstrukturen – etwa von Lottlisa Behling (1909–1989), Professorin am Institut, oder von den Lehrbeauftragten Karl Busch (1905–1964) und Hermann Bünemann (1895-1976).

Andererseits lässt sich, auch wenn bislang erst ein kleiner Teil ausgepackt ist, bereits an den Kisten ablesen, dass zu erwartende und zum Kernbereich des „Kanons“ gehörende Themen wie die italienische Kunstgeschichte, allenfalls in kleinen Mengen vertreten sind. Der einzige exklusiv mit „ITALIEN“ beschriftete Transportkarton enthält gerade einmal 300 Dias – während zu diesem Gebiet mindestens das Zehnfache zu erwarten wäre (Abb. 4). Zudem – da nicht nummeriert und gestempelt – scheint es sich um nicht in die eigentliche Diathek einsortierte Sonderbestände zu handeln.

Weißer Karton, zugeklebt. Aufschrift mit schwarzem Stift: ITALIEN ( handschriftlich)
Abb. 4: Transportkarton mit Aufschrift „Italien“: Weniger als der „Kanon“ erwarten lässt – wo ist der Rest?

Im Kontext der Münchner Kunstgeschichte stellt sich ebenso dringend die Frage nach einem weiteren Gegenstandsbereich: Wo ist „die Kathedrale“, über die Hans Sedlmayr („Die Entstehung der Kathedrale“ 1950) und Hans Jantzen („Kunst der Gotik“ 1957) so wortgewaltig vorgetragen und geschrieben haben? Zwar kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass sich die Reihe der romanischen und gotischen Kirchenbauten Frankreichs noch in einem unzureichend beschrifteten Sammelkarton findet, jedoch könnte es ein Alarmzeichen sein, dass im bereits rekonstruierten Alphabet der „deutschen“ Architektur der Gotik die Buchstabenfolge „St“ fehlt. Nach der geschilderten Logik der Ordnung wäre hier wohl „Straßburg“ mit seiner bedeutenden Kathedrale zu erwarten. Ist es denkbar, dass bei der Auflösung der Sammlung und vor der Abgabe nach Karlsruhe gewisse Themen – hier also die Kathedralgotik – in Selbstbedienungsmanier entfernt wurden? Gibt es Chancen, diese Abteilungen an anderer Stelle aufzuspüren?

Diese und viele andere Fragen können hoffentlich auf die eine oder andere Weise im weiteren Verlauf der Bearbeitung beantwortet werden. Der Glasdiabestand aus dem Münchner kunsthistorischen Institut der LMU ist zweifellos bereits historisch, aber sicherlich gibt es noch viele ehemalige Studierende und Lehrende, die mit ihm gearbeitet haben. Daher laden wir alle, die diesen Text lesen, herzlich ein, uns ihr Wissen, auch anekdotische Erlebnisse, rund um diese bedeutende ehemalige Lehrbildsammlung und Diathek mitzuteilen. Wir freuen uns über jeden Hinweis!

Erzählen Sie!

Mail an: photothek@zikg.eu

Dr. GEORG SCHELBERT ist Leiter der Photothek/Sammlungen und Digital Humanities am ZI. Er leitet das Projekt kunst.bild.daten.

Das Bücherbeet. Künstlerisch-kuratorische Essays zu Kunst und Ökologie

Seit April wird eine Vitrine im ZI als eine Art Hochbeet von Nanne Buurman (Forschungsgruppe Kunst, Umwelt, Ökologie) kuratorisch-forschend „begärtnert“. Fortlaufend neu arrangiert und ergänzt, entstehen in dieser experimentellen Versuchsanordnung im Laufe des Jahres immer wieder neue Konstellationen zwischen den ausgestellten Materialien, die saisonal jeweils andere inhaltliche und ästhetische Querverbindungen in Erscheinung treten lassen. Der prozessual und assoziativ angelegte visuelle Essay zu Ambivalenzen von Naturkonzeptionen und ökologischem Denken in Moderne und Gegenwart lädt zur Reflexion über romantisierende, biopolitische, völkische und ökonomische Dimensionen des Ökologischen in Kunst und Kultur ein.

„Das Bücherbeet. Künstlerisch-kuratorische Essays zu Kunst und Ökologie“ weiterlesen

Das Bücherbeet. Künstlerisch-kuratorische Essays zu Kunst und Ökologie

Seit April wird eine Vitrine im ZI als eine Art Hochbeet von Nanne Buurman (Forschungsgruppe Kunst, Umwelt, Ökologie) kuratorisch-forschend „begärtnert“. Fortlaufend neu arrangiert und ergänzt, entstehen in dieser experimentellen Versuchsanordnung im Laufe des Jahres immer wieder neue Konstellationen zwischen den ausgestellten Materialien, die saisonal jeweils andere inhaltliche und ästhetische Querverbindungen in Erscheinung treten lassen. Der prozessual und assoziativ angelegte visuelle Essay zu Ambivalenzen von Naturkonzeptionen und ökologischem Denken in Moderne und Gegenwart lädt zur Reflexion über romantisierende, biopolitische, völkische und ökonomische Dimensionen des Ökologischen in Kunst und Kultur ein.

„Das Bücherbeet. Künstlerisch-kuratorische Essays zu Kunst und Ökologie“ weiterlesen

The Missing Link: Linn Burchert and Alexandra Masgras review Vernetzte Welten, on view at the Germanisches Nationalmuseum, Nuremberg

By the 1970s the term globalization gained currency in academic and corporate discourse as a means of describing the increasing interconnectedness of economies and cultures. Now an indubitable fact, globalization stirs attention across the political spectrum. While right-wing detractors are touting a protectionist vision of the (ethnic) nation-state, centrists retreat to shallow attempts to defend globalization as a peace-promoting, culture-enriching project. The contradictions brought about by globalization are also reflected in the legacy of the left. In the late 1990s and early 2000s left-wing groups mobilized an alter-globalization movement, which contended with social injustice and uneven distribution under capitalism, yet was unable to revive the internationalist political ambitions of the labor movement of the early twentieth century. In this context, an exhibition thematizing global interconnections is bound to navigate a political minefield. The exhibition Vernetzte Welten. Globalisierung im Fokus [Interconnected Worlds: Globalization in Focus] at the Germanisches Nationalmuseum, Nuremberg (10 April–24 August, 2025) embraces the liberal celebration of multiculturalism while gesturing vaguely at the inequalities that capitalist globalization has perpetuated.

„The Missing Link: Linn Burchert and Alexandra Masgras review Vernetzte Welten, on view at the Germanisches Nationalmuseum, Nuremberg“ weiterlesen

„Betrifft: ‚Große Kunstausstellung‘ im Frühjahr 1949“ – Julia Reich über neue Primärquellen zum Münchner Ausstellungsbetrieb der frühen Nachkriegszeit

München, Haus der Kunst, 8. September 1949: Vor einem abstrakten Werk von Ernst Wilhelm Nay steht Pfeife rauchend der Maler Adolf Hartmann (1900–1972), Präsident der Ausstellungsleitung München e.V., umringt von gut gelaunten Kollegen und Honoratioren. Sie eröffnen die erste Große Münchner Kunstausstellung nach Kriegsende. Viele der Künstler*innen, die insgesamt mehr als 500 Werke zeigten, waren unter der nationalsozialistischen Diktatur zwölf Jahre lang als „entartet“ diffamiert worden, etwa Max Beckmann, Otto Dix, Karl Schmidt-Rottluff, Karl Caspar und dessen Frau Maria Caspar-Filser.

„„Betrifft: ‚Große Kunstausstellung‘ im Frühjahr 1949“ – Julia Reich über neue Primärquellen zum Münchner Ausstellungsbetrieb der frühen Nachkriegszeit“ weiterlesen

Ann-Kathrin Fischer über „Der David hat Verspätung“ – Statuen nach Michelangelo in der Druckgraphik der Frühen Neuzeit

Schon gesehen?

Die Ausstellung Michelangelo 550! Bilder des ‚Göttlichen‘ in der Druckgraphik, die von Januar bis März 2025 im Zentralinstitut für Kunstgeschichte gezeigt wurde, ist nun dauerhaft digital über die Deutsche Digitale Bibliothek zu erleben.
Die virtuelle Ausstellung beleuchtet die Rezeption Michelangelos in der Druckgraphik seit dem 16. Jahrhundert und zeigt, wie sich seine Werke sowie sein Künstlerbild in druckgraphischen Medien verbreiteten und wandelten.
Der folgende Blogbeitrag ergänzt insbesondere Sektion IV der Ausstellung.

„Ann-Kathrin Fischer über „Der David hat Verspätung“ – Statuen nach Michelangelo in der Druckgraphik der Frühen Neuzeit“ weiterlesen

Mimesis or Ecology? Alexandra Masgras and Linn Burchert on Bauhaus Ecologies at the Bauhaus Museum Dessau

Since the Bauhaus centennial in 2019, academic and popular interest in what is often hailed as the world’s most famous design school has flourished. Arguably, the institution’s plight at the hands of right-wing municipal governments and later of the ruling Nazi party generated interest in several aspects of the Bauhäuslers’ practice identified as progressive. Their internationalism, the struggle against tradition and convention, as well as their gender-bending practices have all received renewed attention in recent years. The exhibition Bauhaus Ecologies held at the Bauhaus Museum Dessau (4 April – 2 November 2025) advances this line of inquiry by investigating the school’s engagement with what is now broadly defined as ecological thinking. Curated by Regina Bittner and Vera Lauf of the Stiftung Bauhaus Dessau, Bauhaus Ecologies showcases some of the latest academic research into the Bauhäuslers’ engagement with natural form and back-to-the-land practices, which assimilates well to contemporary notions of environmentalism. By the organizers’ own estimations, the exhibition “explores approaches to ecological thinking in modern design.” As this statement implies, the display favours a genealogical over a historical lens, by showcasing several areas of artistic practice that prefigure contemporary trends in bio-design and sustainability. While this curatorial approach highlights the Bauhaus’ much-lauded prescience and contemporary relevance, it is less effective in charting the school’s relation to the cultural, scientific, and political ambivalences of the emerging environmental discourses of the early twentieth century.

„Mimesis or Ecology? Alexandra Masgras and Linn Burchert on Bauhaus Ecologies at the Bauhaus Museum Dessau“ weiterlesen

Leila El-Dwaik über Fritz Schwimbeck und seine unheimlichen Buchillustrationen

Der Friedberger Künstler Fritz Schwimbeck (1889–1972), schuf zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Reihe beeindruckender graphischer Werke. Im Umfeld der Münchner Kunst- und Literaturszene war er nach seinem Studium der Architektur und Kunstgeschichte als freischaffender Künstler tätig (Ilda Mutti: L`opera grafica di Fritz Schwimbeck, Bergamo 1984/85, S. 3–4). Geprägt von seinen persönlichen Kriegserfahrungen, Krankheit, Schmerz und Tod verarbeitete der Künstler in seinen Zeichnungen regelmäßig Motive des Unheimlichen und des Grotesken (Alice Arnold-Becker: Unheimlich. Die Kunst von Fritz Schwimbeck, Friedberg 2023, S. 7). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts widmeten sich einige Künstler*innen ähnlichen Motiven und Themen, die auch Schwimbeck inspirierten – so besaß er beispielsweise illustrierte Werke Alfred Kubins (1877–1959). Zudem wurde Schwimbeck durch phantastische Literatur wie Shakespeares Macbeth (1606) (Abb. 1) oder Bram Stokers Dracula (1897) angeregt (Arnold-Becker 2023, S. 8–50).

„Leila El-Dwaik über Fritz Schwimbeck und seine unheimlichen Buchillustrationen“ weiterlesen

Lust auf Verschlusssachen? Ann-Kathrin Fischer und Martin Stahl über besondere Bücher aus dem Bibliotheksbestand des ZI

Unter dem Motto „Wissen. Teilen. Entdecken“ fand am 4. April 2025 in München zum ersten Mal die „Nacht der Bibliotheken“ statt, an der sich auch das Zentralinstitut für Kunstgeschichte mit seiner Bibliothek beteiligte. Ann-Kathrin Fischer, Kunsthistorikerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Direktion am ZI, und Martin Stahl, Bibliothekar und verantwortlich für die Benutzungsdienste unserer Bibliothek, stellten zu diesem Anlass ihre persönlichen Favoriten aus dem Bestand der ZI-Bibliothek vor. 

„Lust auf Verschlusssachen? Ann-Kathrin Fischer und Martin Stahl über besondere Bücher aus dem Bibliotheksbestand des ZI“ weiterlesen

Ulrich Pfisterer über „Michelangelo ist der Grösste!” Ein farbiger Handkupferdruck der Firma Braun & Co. (nach 1913)

Der große Michelangelo sollte die Kunstdruckanstalt Braun & Co. im Elsass retten. Und zwar in Gestalt eines kolorierten Handkupferdrucks mit der Szene der Erschaffung Adams von der Sixtinischen Decke – angesichts der imposanten Maße von 135 x 65 cm eine drucktechnisch-handwerkliche Meisterleistung (Abb. 1). Wie kam es dazu?

„Ulrich Pfisterer über „Michelangelo ist der Grösste!” Ein farbiger Handkupferdruck der Firma Braun & Co. (nach 1913)“ weiterlesen

Frederick Crofts & Davide Martino on “The Age of Neptune”: Art and the Power of Water, c. 1520–1650

Our research project uncovers the forgotten Neptunomania which seized European courts and cities from the early sixteenth to the mid seventeenth century. Since Aby Warburg’s inchoate formulation of “The Age of Neptune” in his Bilderatlas Mnemosyne, which can be seen here, a systematic study of this craze for water-god imagery has never been undertaken. Building on explorations of the agentive and affective qualities of images and the afterlife of the classical tradition, as well as the link between the fashioning of state power and the emergence of the new philosophies, our ultimate aim is to reframe our understanding of the early modern period as “The Age of Neptune”.

„Frederick Crofts & Davide Martino on “The Age of Neptune”: Art and the Power of Water, c. 1520–1650“ weiterlesen

Cosima Dollansky über Kunsthandel und Filmkunst: Wenn Handelsware zur Requisite wird

Kunsthandelsquellen wie die Karteikarten und Fotomappen der Kunsthandlung Julius Böhler in München und der Kunsthandel AG in Luzern gelten heute als wertvolle Ressourcen für die Erforschung des historischen Kunstmarkts und die Rekonstruktion von (Privat-)Sammlungen. In erster Linie sind sie derzeit aber von essenzieller Bedeutung für Provenienzforschung und die Aufklärung von unrechtmäßigen Entzugskontexten. Doch zwischen den rückseitig auf den Karteikarten notierten Einträgen zu Angeboten und Verkäufen wurden gelegentlich auch Leihgaben an Filmproduktionsgesellschaften gelistet.

„Cosima Dollansky über Kunsthandel und Filmkunst: Wenn Handelsware zur Requisite wird“ weiterlesen

Wanderstraßen der Antike. Ann-Kathrin Fischer über die (ikonographischen) Darstellungsspielräume der Figur des Herkules in der Druckgraphik

Die Ausstellung „Wanderstraßen der Antike. Gedruckte Bilderschätze der Frühen Neuzeit“ ist bis zum 10. Januar 2024 am ZI in München zu sehen.

Bernard de Montfaucon folgt in seinem L‘Antiquité expliquée – einer „Bilder-Enzyklopädie“ von Antiken-Darstellungen, die von 1719 bis 1724 in 15 Folio-Bänden und mit über 1.000 Kupferstich-Tafeln in Paris publiziert wurde – auch den „Wanderstraßen“ (vgl. Blogbeitrag: Timo Strauch über „Wanderstraßen der Antike“ (11.12.2024)) der Herkulesdarstellungen. In zehn Kapiteln des zweiten Bandes werden ganze 88 Darstellungen des Heros gezeigt. Sie reichen vom jungen Herkules mit der Schlange (Taf. 123) bis hin zum Herkules Farnese (Taf. 125). Ergänzend dokumentieren zahlreiche Abbildungen seine Heldentaten (Taf. 126, 127, 131–133). Weitere stellen Herkules in seiner Funktion als Musagetes, den Gefährten und Beschützer der Musen, dar wie Taf. 137, die später in der im Umfang reduzierten deutschen Ausgabe von 1757 wiederholt wird (Abb. 1).

„Wanderstraßen der Antike. Ann-Kathrin Fischer über die (ikonographischen) Darstellungsspielräume der Figur des Herkules in der Druckgraphik“ weiterlesen

Timo Strauch über Wanderstraßen der Antike

Die Ausstellung „Wanderstraßen der Antike. Gedruckte Bilderschätze der Frühen Neuzeit“ ist bis zum 10. Januar 2024 am ZI in München zu sehen.

Dicht gedrängt und in strahlendem Weiß präsentieren sich die Gipsabgüsse hunderter antiker Kunstwerke im nördlichen Lichthof des Hauses der Kulturinstitute und vermitteln den Besucher*innen gleichsam handgreiflich die Bedeutung, welche der Kenntnis und der Vertrautheit mit diesen Abbildern von Göttern, Helden und Themen der Kulturen des Altertums schon immer zugemessen wurde. Viel länger als der wegen seiner Fertigungsweise echte Originaltreue garantierende Abguss dienten dazu allerdings die verschiedenen Erscheinungsformen der Druckgrafik, von denen nun eine exemplarische Auswahl in der von Ulrich Pfisterer und Ann-Kathrin Fischer kuratierten Vitrinenausstellung Wanderstraßen der Antike. Gedruckte Bilderschätze der Frühen Neuzeit gezeigt wird (Abb. 1).

„Timo Strauch über Wanderstraßen der Antike weiterlesen